Im Jahr 2012 habe ich meine Ausbildung zum systemischen Coach durchlaufen. Ich fand es damals grandios – und finde das auch heute noch – wie man Menschen durch die richtigen Fragen ins Nachdenken bringen kann und wie sich ihnen dadurch neue Perspektiven eröffnen. Einer der Kernsätze, die ich aus meiner Zeit bei „die coachingakademie“ mitgenommen habe, ist: Handeln macht Sinn. Mit diesem Satz im Gepäck hat sich mein Blick auf Menschen und ihr Handeln im letzten Jahrzehnt deutlich verändert. Und auch mein Umfeld hört diesen Satz immer wieder. Inzwischen wird er auch zitiert. Dennoch zeichnete sich immer deutlicher für mich ab, dass ich nicht nur systemisch arbeiten möchte. Dass ich den Körper als aktiven Teil mit in das Coaching holen möchte. Das habe ich – sehr passend, wie ich finde – ganz deutlich gespürt. Darum gebe ich dir hier einen ersten Überblick über die Unterschiede von systemischem Coaching und NESC-Coaching.

 

Was ist systemisches Coaching?

Lösungsorientierter Ansatz

Beim systemischen Coaching wird weitestgehend in die Zukunft geschaut. Es geht darum, Lösungen für bestimmte Situationen zu finden. Im Kern geht es um Verhaltensänderungen, weil das bisherige Verhalten nicht zielführend ist oder Konflikte entstehen lässt.

Eine der Kernkompetenzen systemischer Coaches ist es, Fragen zu stellen. In die Tiefe, um die Ecke, mal irritierend. Und eine Lieblingsfrage ist: Was noch? Neben dem Fragenstellen ist das Schweigen und Raum geben eine wichtige Fähigkeit. Dem Coachee Zeit zu geben, seine Gedanken zu sortieren, tiefer einzutauchen, mehr Perspektiven zu öffnen, um so eine eigene Lösung für die Problemstellung zu entwickeln. Denn darum geht es im Coaching: die eigene Lösung, die wirklich passend ist zu entdecken. Der systemische Coach wird keine Tipps und Ratschläge geben (dann sind wir im Bereich der Beratung und nicht mehr im Coaching), denn ein weiterer Leitsatz ist: Auch Ratschläge sind Schläge.

Der Blick richtet sich auf das System

Im Coachingprozess wird nicht ausschließlich auf den Coachee, sein Verhalten und Erleben der Problemsituation geschaut. Vielmehr wird das gesamte System mit einbezogen und die Wechselwirkungen daraus beobachtet. Ein ganz beliebtes Beispiel hierfür ist folgende Episode: Der Mann verschanzt sich in seiner Garage, beschäftigt sich mit allem möglichen, nur um nicht ins Haus gehen zu müssen. Denn da wird er sowieso nur von seiner Frau angemault. Er kann ihr einfach nichts recht machen. Die Frau hingegen mault ihren Mann an, weil er so wenig Zeit mit ihr verbringt und sich ständig in seine Garage zurückzieht.

An diesem Beispiel wird auch mein oben beschriebener Satz so wunderbar greifbar: Handeln macht Sinn. So werden im systemischen Coaching neue Perspektiven greifbar und das Verständnis für das Verhalten von anderen kann sich durchaus vergrößern.

Es werden Handlungsmöglichkeiten erschlossen

Das Verständnis der oben beschriebenen Wechselwirkungen macht es dem Coachee möglich, im Prozess verschiedenste alternative Handlungsweisen zu entdecken. Neue Verhaltensweisen bringen eine neue Wirkung mit sich, was wiederum das Verhalten des Gegenübers beeinflussen wird. Es wird deutlich: Ich kann den anderen nicht verändern. Ich kann nur mich verändern und dadurch die Möglichkeit eines anderen Miteinanders schaffen.

Haltung: Wahrheit ist subjektiv

Objektivität gibt es nicht. Alles was wir (für)wahrnehmen ist gefärbt und gefiltert. Durch unsere Erfahrungen, Erlebnisse, Werte, Kultur. Durch die Art, wie wir auf die Welt und das Leben schauen. Zwei Menschen, die eine Situation beobachtet haben, werden die Situation nie zu 100 % genau gleich beschreiben. Sie nehmen andere Dinge wahr, selektieren, was sie sehen, interpretieren Dinge auf unterschiedliche Weise, erinnern sich an unterschiedliche Aspekte. Mit dieser Grundhaltung des Coaches wird der Entwicklungs- und Erkenntnisprozess des Coachees unterstützt.

Verstand ist aktiv

Vielleicht überrascht dich, dass ich diesen Aspekt hier aufführe. Aber gerade für die Abgrenzung zum NESC-Coaching ist mir dieser Punkt sehr wichtig. Im systemischen Coaching arbeiten wir auf der Verstandsebene. Wir helfen zwar, dem Denken die Richtung zu ändern, was tolle Ergebnisse bringen kann, aber wir bleiben im Kopf. Der Kopf ist der Chef, der Kopf entscheidet, bewertet und navigiert.

Alles in allem kann man sagen, dass es sich beim systemischen Coaching um eine – wenn auch besondere – Gesprächssituation handelt, in der der Coachee dabei unterstützt wird, seine eigenen Lösungsansätze zu finden.

 

Was ist NESC-Coaching?

Arbeit mit dem Nervensystem

Beim NeuroEmbodied Soul Centering (kurz NESC) steht die Arbeit mit dem Nervensystem im absoluten Mittelpunkt. Die Grundannahme besteht darin, dass das Nervensystem Einfluss auf unser gesamtes Sein, also das Denken, Fühlen und Handeln hat. Das Ziel ist es, das Nervensystem in einen ausgeglichenen Tonus zu bringen, in dem der Körper Sicherheit empfindet. Ein angespanntes Nervensystem ruft immer eine Reaktion von Flucht, Kampf oder Totstellen hervor. Aus diesem (Dauer-)Zustand heraus ist es nicht möglich gelassen auf die Umwelt zu reagieren oder auch gute Entscheidungen zu treffen.

Überhaupt das Denken ist in einem angespannten Zustand nur schwer möglich, weil die entsprechenden Hirnregionen schlicht abgeschaltet sind. Darum liegt der Kern der Arbeit auf dem Nervensystem. Es geht nicht darum, dauerentspannt durch die Welt zu laufen, sondern das Nervensystem wieder insoweit zu regulieren, als es Episoden von beispielsweise Stress, Wut, Trauer zulässt, in diesem Status jedoch nicht hängen bleibt und auch wieder in die Entspannung zurückfindet.

Fühlen steht bei NESC im Fokus

Die Regulierung des Nervensystems erfolgt dadurch, dass im NESC-Coaching mit Körperempfindungen gearbeitet wird. Es geht darum, den Körper wahrzunehmen und zu spüren, welche Signale er zeigt. Der Körper sendet uns permanent Signale. Allerdings haben die allermeisten von uns verlernt, diese Signale zu fühlen, aufmerksam dafür zu sein. Es bringt einem niemand bei, wie wertvoll dieses Körperwissen ist. In unserer Gesellschaft steht das Denken über allem. Logik, Analyse, Wissen. Das sind die Aspekte, für die wir Anerkennung bekommen.

Schon seit Jahren stelle ich in meinen Coachings immer wieder die Frage: „Wie fühlt sich das an?“ Und wie oft erhalte ich die Antwort: „Ich denke, dass das ungerecht / unangemessen / nicht richtig ist.“ Es fällt so vielen Menschen schwer, ins Spüren zu kommen. Doch erst, wenn wir die Empfindungen wirklich wahrnehmen und zulassen, können sie im Körper verarbeitet werden und so zu einem ausgeglichenen Nervensystem beitragen.

Es herrscht eher eine meditative Stimmung

Auch der Coachingprozess fühlt sich völlig anders an, als im systemischen Coaching. Wo wir mit einer Gesprächssituation rechnen, kommt es eher zu einer ruhigen, meditativen Stimmung, in der auch viel Raum für Ruhe gegeben wird. Diese Ruhe kann zunächst irritierend und die Frage nach den Empfindungen ungewohnt sein. Jedoch zeigt sich, dass in dieser Stimmung ganz viel passieren kann, sich Empfindungen im Körper zeigen, die sonst im Trubel des Tages untergegangen wären.

Prozessorientierter Ansatz

Im systemischen Coaching haben wir einen lösungsorientierten Ansatz. Dagegen sind im NESC-Coaching immer der Prozess und der Kontext vorrangig. Es geht darum, hinter das Gesagte zu hören, was durch die ruhige und langsame Vorgehensweise unterstützt wird. Der Coachee kann dadurch zu tiefen inneren Erkenntnissen gelangen. Dies verlangt eine hohe Präsenz des Coaches.

Im NESC-Coaching werden wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Hirnforschung mit Körperarbeit verbunden. Der Mensch in seinem Sein bekommt hier die volle Aufmerksamkeit. Auch wenn ein spezifisches Thema der Anlass für das Coaching ist, so wird die Arbeit immer auf den ganzen Menschen ausstrahlen und nicht nur auf eine Verhaltensweise oder ein Ergebnis.

 

Übersicht: systemisches Coaching vs. NESC-Coaching

 

Warum ich so begeistert von NESC-Coaching bin

Ja, ich bin begeistert von NESC-Coaching und ich bin unglaublich dankbar, über diese Methode gestolpert zu sein. Auch wenn ich mich noch mitten in der Ausbildung befinde (etwas mehr, als die Hälfte ist jetzt, Mitte Mai 2022, um), spüre ich schon deutlich die Auswirkungen, die die Methoden bei meinen (Übungs-)Coachees und auch bei mir auslösen. Hier ein paar meiner Eindrücke:

  • Ich bin deutlich gelassener im Alltag: Auch wenn ich mich noch nie als sehr gestressten Menschen wahrgenommen habe, hat sich auch bei mir etwas verändert. Meine Zündschnur in Triggersituationen hat sich spürbar verlängert. Ich reagiere sehr viel gelassener.
  • Mein Erinnerungsvermögen hat sich erweitert: Plötzlich habe ich auf Erinnerungen Zugriff, die seit langem verschütt waren. Es kommen deutlich mehr Episoden aus der Vergangenheit zum Vorschein.
  • Meine Träume haben sich verändert: Dieser Punkt fällt mir sehr schwer, zu beschreiben. Ich träume nicht mehr, als früher. Aber die Dimension und Art der Träume sind anders geworden.
  • Mir ist noch mehr bewusst geworden, wie Körpersysteme von Menschen miteinander interagieren. Wie sie aufeinander einwirken, sich beeinflussen. Ich habe das schon lange gespürt, aber jetzt kann ich einen neuen Umgang damit lernen und mich besser auf Situationen eintunen.
  • Meine Mitmenschen reagieren anders auf mich: Vermutlich hat sich meine Ausstrahlung auch verändert, aber mir fällt auf, dass andere offener, freundlicher, zugewandter auf mich reagieren. Es kommt zu mehr schönen zwischenmenschlichen Begegnungen, schwierige Gespräche nehmen einen angenehmeren Verlauf. Und wer will das nicht?
  • Ich vertraue mir selbst mehr: Durch die stärkere Verbindung zu meinem Körper, lerne ich nach und nach meiner Intuition noch mehr zu trauen und diese auch auszusprechen.
  • Es fällt mir leichter, um Hilfe zu bitten und Hilfe anzunehmen. Mir war bisher gar nicht bewusst, dass das so ein großes Thema für mich ist. Statt kramphaft unabhängig zu sein, kann ich Unterstützung jetzt deutlich besser Willkommen heißen.

Ich möchte genau das auch anderen Menschen zugänglich machen. Diese Arbeit ist so unglaublich wertvoll und ich möchte, dass Menschen diese Art von Coaching kennenlernen.

Wie ist deine Erfahrung mit Coachings und macht dich der Artikel ein bisschen neugierig auf NESC-Coaching? Dann schreib mir gern eine Nachricht und wir schauen, ob es zwischen uns für eine Zusammenarbeit passt.

Deine Sabrina

PS: In meinem Artikel „Die 3 Säulen meines Coachingangebots „Dein gelassenes Unternehmerinnen-Ich“ erfährst du, warum ich den systemischen Ansatz mit Nervensystemarbeit verbinde und welche Rolle das Reiss Motivation Profile dabei spielt.

PPS: Dieser Artikel hat dazu geführt, dass Britta Kimpel mich als Interviewgast in ihren Podcast eingeladen hat. Schau gern mal rein, denn es ist ein Videopodcast.

 

SabrinaBesic

SabrinaBesic

Ich bin Sabrina Besic, Coach* für (Neu)Orientierung & Selbstfürsorge.

Irgendwann habe ich durchschaut, dass mich mein
Leistungsdenken nicht voranbringt, geschweige denn
glücklich macht. Ich habe gelernt, mein Herz und meinen
Bauch zu integrieren. Über die Zeit habe mich intensiv mit meinen Lebensmotiven auseinandergesetzt.

Ich verbinde meine mehr als 10 Jahre Coachingkompetenz mit
meiner Leidenschaft für Themen rund um
Stressbewältigung, Selbstfürsorge und meinen eigenen
Erfahrungen, um dich bestmöglich zu unterstützen.

*systemischer Coach (anerkannt vom DBVC)
Reiss Motivation Profile Master
NESC-Coach