Wie komme oder bleibe ich denn in der Entspannung? In einem sicheren Zustand, der es mir ermöglicht, gut mit mir und meiner Umwelt im Kontakt zu sein. Auch wenn es nicht das Ziel ist, permanent in diesem ventral-vagalen Zustand zu sein, so ist es doch erstrebenswert, häufiger aus der Aktivierung wieder genau dort anzukommen. Das bringt uns wieder ins Gleichgewicht, das Immunsystem, Blutdruck, Puls, Verdauung, die Hormone regulieren sich. Ja, das Sammelsurium der positiven Aspekte ist umfassend und in gleichem Maße wird einem bewusst, wie schädlich ein dauerhafter Zustand im Stressmodus ist.
Auch, wenn ich ansonsten die Meinung vertrete, dass Tools nur so gut sind, wie der Zustand, in dem man sich befindet, halte ich Übungen, die sich regulierend aufs Nervensystem auswirken, für sinnvoll. Vorausgesetzt, sie werden mit der Intention genutzt, wirklich etwas am eigenen Lebenswandel zu verändern und nicht nur ein Pflaster zu kleben, damit der permanente Stresspegel beibehalten werden kann. Hier also nun meine Übersicht über Übungen für mehr Entspannung.
Diese Themen findest du im Blogartikel:
Orienting
Das Orienting ist aus meiner Sicht das Herzstück der Regulationstools. Es zielt darauf ab, ins Bewusstsein zu holen, was wir sowieso über unsere Sinne unterbewusst wahrnehmen. Das Nervensystem ist permanent damit beschäftigt, die Umwelt nach möglichen Gefahren abzuscannen, um im Fall der Fälle in den Überlebensmodus zu schalten. Diesen unterbewussten Vorgang kannst du in dein Bewusstsein holen, indem du dich ganz aufmerksam in deiner Umgebung umschaust. Du lässt den Blick schweifen, nimmst Formen, Farben und Gegenstände wahr. Vielleicht bleibt dein Blick an der ein oder anderen Stelle hängen, vielleicht nicht. Nimm so dein Umfeld möglichst umfassend wahr. Wenn du magst, dann kannst du versuchen, gleichzeitig zum Beobachten des Raums, deine Atmung wahrzunehmen. Fließt sie flach oder tief? Verändert sie sich, wenn du den Blick schweifen lässt?
Auf diese Weise schaffst du eine Verbindung zwischen deinem Unterbewusstsein und deinem Bewusstsein und lernst deine Körperreaktion auf deine Umwelt immer besser kennen, je öfter du die Übung durchführst. Ich persönlich mache diese Übung immer wieder über den Tag verteilt: Zu Hause oder im Co-Working am Schreibtisch, in der U-Bahn, im Café oder wenn ich an der Ampel stehe. So wird mein Gespür für den Zustand meines Nervensystems immer feiner, ich spüre schneller, was mich aktiviert oder in die Entspannung bringt. Das sorgt für mehr Entspannung und erhöht meine Stresstoleranz.
Atem für Entspannung
Doppelt so lange ausatmen, wie einatmen
Wie es in der Überschrift steht: Du verlängerst deinen Ausatem bewusst auf das Doppelte des Einatems. Beispielsweise vier Sekunden ein, 8 Sekunden ausatmen. Schau, welcher Rhythmus sich für dich gut anfühlt. Diese Übung kann auch in Akutsituationen helfen, damit du einen klaren Kopf bewahren kannst und nicht im Panikmodus landest.
Nasenatmung
Versuche immer und überall durch die Nase zu atmen. Das signalisiert dem Körper, dass du in Sicherheit bist. Hingegen signalisiert die Mundatmung, dass Gefahr droht, wie beim Erschrecken, wenn du plötzlich hastig die Luft durch den Mund einsaugst. Die Nasenatmung hat noch viele weitere positive Aspekte. Wenn du Lust auf sehr viel mehr Hintergrundwissen hast, dann kann ich dir das Buch „Breath – Atem“ von James Nestor sehr empfehlen.
Mehr Atemübungen findest du in meinem speziellen Artikel zum Thema.
Augenbewegung und der Vagusnerv
Augenbewegungen bewirken Spannungsveränderungen in den Muskeln, die für die Durchblutung des Hirnstamms zuständig sind. Sind diese Muskeln angespannt, steigt auch die Anspannung im Nervensystem. Wir sind in Alarmbereitschaft. Auf diese Spannung kannst du durch folgende Übung Einfluss nehmen:
Setze dich aufrecht hin. Der Kopf bleibt nach vorne ausgerichtet, während du mit den Augen nach rechts blickst. Diesen Blick hältst du für 30 – 60 Sekunden, bis du ein Gähnen oder Seufzen spürst. Vielleicht bemerkst du auch, dass sich dein Speichelfluss erhöht. Das sind Zeichen, dass du in einen Entspannungszustand kommst. Dann den Blick wieder nach vorne ausrichten und die Übung auf der linken Seite wiederholen. Der Kopf bleibt die gesamte Zeit über nach vorne ausgerichtet.
Du kannst gern vor und nach der Übung prüfen, wie weit du deinen Kopf nach rechts und links drehen kannst. Sehr oft ist auch hier eine Veränderung spürbar.
Selbstumarmung entspannt
Oxytocin ist das sogenannte Kuschelhormon. Das Geniale an diesem Hormon ist, dass es ein Gegenspieler zu den Stresshormonen ist und diese ausstechen kann. Oxytocin bekommt in unserem Körper immer Vorfahrt vor Adrenalin und Cortisol. Und wenn kuscheln nicht entspannt, dann weiß ich auch nicht. Eine einfache Methode, um das Oxytocin im Körper ins Fließen zu bringen, ist die Selbstumarmung. Dazu kannst du eine Hand in die gegenüberliegende Achselhöhle legen und mit der anderen die gegenüberliegende Schulter oder den Oberarm berühren. Der Körper spürt so, dass er in Sicherheit ist und das gesamte System kann zur Ruhe kommen.
Bewegung fürs Nervensystem
Neben dem Atem ist die Bewegung wohl die alltäglichste Art, das Nervensystem in die Entspannung zu bringen. Bewegung bedeutet, aus evolutionärer Sicht, überleben. Der Mensch ist dazu geschaffen, sich zu bewegen und so hat Bewegung auch eine umfassende Wirkung auf das Nervensystem. Je nachdem, in welchem Erregungszustand du dich befindest, sind unterschiedliche Intensitäten von Bewegung unterstützend. Hier kommt es sehr auf dein Empfinden an, ob du ruhige, fließende Bewegungen (z.B. Yoga, leichtes Schaukeln) bevorzugst, oder ob es eher intensiver, kantiger (z.B. Boxen, schnelles Laufen) zugehen soll, ob du die Bewegung einfach genießen kannst, oder du deinen Körper mit der Bewegung bewusst in einen anderen Zustand bringen möchtest. Das kann nach Tag und Stimmung sehr unterschiedlich sein. In manchen Fällen kann es sogar hilfreich sein, sich eine Bewegung nur vorzustellen. Hier darfst du neugierig bleiben und immer wieder ausprobieren, wohin in deinem Nervensystem dich eine Bewegungsform gerade bringt und ob das genau das ist, was du gerade brauchst.
Falls du dir noch mehr Impulse wünschst, wie du etwas für ein ausgeglichenes Nervensystem tun kannst, dann schau gern mal in meinen Blogartikel „17+ Ideen, um dein Nervensystem zu regulieren„.
Welche der Übungen wirst (oder hast du gerade beim Lesen schon) du ausprobieren?
Sabrina
Ich bin Sabrina Besic, Coach* für (Neu)Orientierung & Selbstfürsorge.
Irgendwann habe ich durchschaut, dass mich mein
Leistungsdenken nicht voranbringt, geschweige denn
glücklich macht. Ich habe gelernt, mein Herz und meinen
Bauch zu integrieren. Über die Zeit habe mich intensiv mit meinen Lebensmotiven auseinandergesetzt.
Ich verbinde meine mehr als 10 Jahre Coachingkompetenz mit
meiner Leidenschaft für Themen rund um
Stressbewältigung, Selbstfürsorge und meinen eigenen
Erfahrungen, um dich bestmöglich zu unterstützen.
*systemischer Coach (anerkannt vom DBVC)
Reiss Motivation Profile Master
NESC-Coach