Meine Geschichte dazu.
Wie du vielleicht weißt, war ich bis ins frühe Erwachsenenalter Leistungsschwimmerin. Das hieß für mich:
- viel Training (phasenweise waren es bis zu 10 Einheiten die Woche – im Alltag, nicht im Trainingslager)
- die Grenzen des Körpers immer weiter zu verschieben, sie auch teils zu ignorieren
- zu messen, optimieren, analysieren – für immer bessere Ergebnisse
Außer dem Wassergefühl, war rückblickend für mich kaum ein Gefühl relevant. Doch, natürlich die Jagd nach dem Erfolg und dieser Genugtuung, wenn ich erreicht habe, wofür ich lange trainiert hatte. Ich wusste, was es zu tun gab, ich kannte meine Ziele (die waren nicht gerade klein – und ich habe bei Weitem nicht alle erreicht). Der Erfolg gab mir lange Zeit recht. Klar gab es auch Zeiten, die nicht rosig waren, aber insgesamt habe ich diese Lebensphase als erfolgreich und, ja, auch erfüllend in Erinnerung.
Während meiner Studienzeit wurde mir dann bewusst, dass Schwimmen nicht alles ist. Es traten andere Themen und Lebensbereiche in den Vordergrund und mir wurde klar, dass ich im Becken meinen Lebensunterhalt nicht finanzieren konnte. So wurden die Prioritäten neu gesetzt, noch immer mit einem hohen Leistungsfokus. Das war es, was ich kannte. Das war es, was ich konnte. Die Zeche für diese Haltung hat noch ein paar Jahre auf sich warten lassen, aber sie kam. Mein Körper hat mir meine Grenzen aufgezeigt. Es ging nichts mehr. Ich brauchte eine Pause, eine neue Kalibrierung. Rückblickend weiß ich, dass mein Körper mir schon viele Jahre früher entsprechende Signale gesendet hat, die ich einfach nicht verstanden habe. Vielleicht auch nicht verstehen wollte, weil sie nicht zu meinem Lebensentwurf und meinem eigenen Bild von mir passten.
Die Intuition rückt in den Vordergrund.
Über die letzten Jahre habe ich für mich verstanden und erlebt, wie wichtig es ist, zu spüren, wie es mir geht. Das hat sich in allen möglichen Belangen durchgesetzt. Sei es beim Essen, wo ich – auf der Suche nach der besten Ernährung bei Hashimoto – Ausflüge zu vegan und Paleo gemacht habe, inzwischen aber keinem Dogma, keiner Pflicht mehr folge, sondern nur mir selbst. Sei es bei der Bewegung, wo ich inzwischen den Fokus darauf setze, mich wohl zu fühlen, statt mich von Zeiten, Geschwindigkeiten, Wiederholungszahlen triggern zu lassen (okay, zu 100% stimmt das nicht, aber zu 73%).
Ich emanzipiere mich immer mehr von dem „Was man so tun muss“ und gestalte in möglichst vielen Bereichen meine eigenen Spielregeln. Spielregeln, die zu mir und meinem Leben passen. Wie gut mir das tut, hat sich über die letzten Jahre gezeigt. Darum ist es mir so wichtig geworden, das weiter zu tragen und andere Menschen auf diesen Weg aufmerksam zu machen und sie darin zu bestärken ihn zu gehen. Das ist es, wofür ich stehe. Und aus dieser Erfahrung heraus habe ich ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Smartwatches und Trackern jeglicher Art.
Hier einige meiner Gedanken zu diesen Helferlein:
- Ich wundere mich sehr über Menschen, die ihre Endgeräte dazu befragen, wie es ihnen geht. Bewegung, Schlaf, Ernährung. Auf alles hat die Technik eine Antwort und es gibt ein Soll, das erreicht werden muss. Aber stimmt das auch mit dem eigenen Empfinden überein?
- Alles an Bewegung über den Tag tracken zu können…irgendwie tatsächlich smart, aber ich empfinde es auch immer wieder als Bevormundung (so habe ich vor Jahren meinen Tacho am Fahrrad abmontiert, weil mir aufgefallen ist, dass ich nur noch an der Geschwindigkeitsanzeige hing, mich abhechelte, statt bei mir zu bleiben, und mich über Bewegung und Umgebung zu freuen. Ähnlich ergeht es mir mit meiner Schrittzähler-App, aber dazu komme ich gleich.)
- Warum muss ich auch über meine Uhr erreichbar sein? (Diese Funktion werde ich definitiv nicht nutzen! Ich hab schon heute mein Smartphone am liebsten den ganzen Tag auf lautlos und von 20 Uhr – 7 Uhr auf „nicht stören“ bzw. im Flugmodus…)
Installieren. Löschen. Installieren…
In der Beziehung zwischen mir und meiner Schrittzähler-App zeigt sich meine Zerrissenheit sehr deutlich. Ich würde es eine typische On-Off-Beziehung nennen. Mit geht es nicht und ohne geht es nicht. Es wird installiert und dann wieder gelöscht. Und das schon über Jahre. Ich bin ein Bewegungsmensch. Das weiß ich aus meiner Vergangenheit, aus meinem Erleben und auch mein Reiss Motivation Profile® hat mir die Wichtigkeit von Bewegung für mein Leben attestiert. Dazu kommt dann noch die Freude am Wettkampf, sich zu messen – auch wenn es nur mit mir selbst ist. Hinter allem steht aber dennoch das Wissen um den Wert des eigenen Gefühls für den Körper, und die Befürchtung ein Stück Kontrolle abzugeben, mich wieder aus meiner Balance zu katapultieren, die ich mir über so viele Jahre erarbeitet habe. Und natürlich: Passt das zu dem was ich nach außen vertrete?
Mich triggert es, wenn ich keine 10.000 Schritte am Tag schaffe. Und ganz ehrlich: An den allermeisten Tagen schaffe ich das nicht. Derzeit liegt mein Mittelwert bei etwa 5.500 Schritten pro Tag. Das allein ist schon Grund genug die App zu löschen. Was mich aber noch mehr ärgert ist, dass die App nur Schritte kann. Kein Radfahren, kein Yoga, keine Kraftübungen UND ich muss mein Handy ständig mit mir rumschleppen, was ich beim joggen beispielsweise nicht tue. Diese Kombination bringt mich immer wieder dazu auf das X zu drücken. Weil ich mich ärgere. Weil ich mich ärgere, dass ich mich ärgere. Bis ich wieder zu neugierig werde… Die Geschichte kennst du jetzt.
Warum nun also die Entscheidung für eine Smartwatch?
Die letzten 14 Monate haben sich meine Bewegungsmöglichkeiten stark reduziert. Die Wege zur Kita und meine Morgenrunde finden nicht mehr regelmäßig statt. Ich arbeite vom Homeoffice aus – der Weg dahin ist sehr kurz. Termine finden online statt – auch da keine Wege zu gehen. Um es kurz zu machen: Ich bewege mich definitiv zu wenig – glaube ich. Ich versuche es auszugleichen. Durch Einheiten auf meinem Fitnesstrampolin, durch Kraftübungen, Abend- und Wochenendspaziergänge. Ich spüre, dass ich mir mehr Klarheit über mein Bewegungspensum wünsche. Meine Befürchtungen, mich wieder von mir zu entfernen, werden immer kleiner, da ich mir und meiner Intuition inzwischen vertraue. Und was meine Glaubwürdigkeit angeht…nun, das liegt nicht an mir das zu bewerten. So fiel nach langem Hin und Her die Entscheidung für eine Smartwatch. Sie ist gerade auf dem Weg zu mir und ich freue mich, wenn in den nächsten Tagen das Päckchen ankommt.
Denn:
ICH MACHE MEINE EIGENEN SPIELREGELN & ICH WILL DIESE UHR UND FREUE MICH DARAUF!
Deine Sabrina.
Ich bin Sabrina Besic, Coach* für (Neu)Orientierung & Selbstfürsorge.
Irgendwann habe ich durchschaut, dass mich mein
Leistungsdenken nicht voranbringt, geschweige denn
glücklich macht. Ich habe gelernt, mein Herz und meinen
Bauch zu integrieren. Über die Zeit habe mich intensiv mit meinen Lebensmotiven auseinandergesetzt.
Ich verbinde meine mehr als 10 Jahre Coachingkompetenz mit
meiner Leidenschaft für Themen rund um
Stressbewältigung, Selbstfürsorge und meinen eigenen
Erfahrungen, um dich bestmöglich zu unterstützen.
*systemischer Coach (anerkannt vom DBVC)
Reiss Motivation Profile Master
NESC-Coach
So wie du arbeite ich mit meinem Körper, Seele und Geist. Und ich bin auch ein Bewegungsnensch. Meine jüngste Tochter ebenfalls. Wenn ich mich unwohl fühle dann weiß ich, es fehlt mir die Bewegung…ich fand es spannend deine Gedanken zu lesen. Du hast mich mitgenommen auf eine Reise in deine Vergangenheit als Leistungssportlerin. Und zwischen den Zeilen mitgeteilt, lasst es bleiben. Ich habe eine Smartwatch doch so wie meine Uhr trage ich sie nicht. Und bin gespannt was sie mit dir macht bzw. Du mit ihr. 💙
Da bin ich auch gespannt, Iris. Das wird dann wohl das Thema für einen neuen Artikel… Zum Leistungssport: Rückblickend weiß ich , dass ich wohl das ein oder andere Mal zu viel über meine Grenzen gegangen bin. Das gehört zum Leistungssport dazu und er kann einfach nie gesund sein. Ich möchte die Zeit in meinem Leben nicht missen – auf keinen Fall! Was ich dort erlebt habe, die Emotionen, die im Sport stecken, die sind einmalig. Das gehört alles zu mir. Für mich hätte ich mir etwas mehr Besonnenheit in Bezug auf meinen Körper gewünscht. Aber was wäre, wenn es genau so genau richtig war?
Alles messen, analysieren, vergleichen, optimieren……
manchmal mag es hilfreich sein, aber ein gutes Körpergefühl ist durch nichts zu ersetzen, Emotionalität ist für mich ein wesentlicher Bestandteil dessen, und da kann die Technik noch nicht mithalten.
Zum Glück kann sie das (noch) nicht. Das würde uns vor ganz neue Herausforderungen stellen.