Vielleicht bist du auch schon auf den Hashtag #hashimotoisteinarschloch gestoßen? Wie geht es dir, wenn du ihn liest? Was löst er in dir aus? Ist es ein „Hey, ja genau so ist es!“ oder ein „Das könnte von mir sein!“? Oder löst dieser Hashtag – wie bei mir – auch Irritation und Befremden aus?
Das trotzige Kind schaltet sich ein.
Ja, vielen von uns geht es mit den Symptomen rund um Hashimoto sehr bescheiden. Und ich kann verstehen, dass sich da das trotzige Kind meldet, das Schimpfworte ausspuckt, das es der Erkrankung heimzahlen will, das kämpfen will und den Japaner aus dem eigenen Leben verbannen möchte. Ja, das verstehe ich. Sehr gut sogar. Tatsächlich spüre ich auch eine gewisse Faszination, die von dieser Energie ausgeht. Sich zu widersetzen, sich nichts gefallen zu lassen. Und es hat ja auch durchaus Positives, sich nicht einfach geschlagen zu geben, sondern alles Mögliche zu tun, um besser mit Hashimoto leben zu können. Das möchte ich in keinster Weise in Frage stellen. Für jede von uns geht es darum, unsere Symptome zu reduzieren und ein möglichst uneingeschränktes, selbstbestimmtes und entspanntes Leben zu führen.
Und genau da sehe ich den Knackpunkt.
Was passiert wenn wir uns diese Haltung zu Eigen machen?
Denn was passiert, wenn wir uns die Haltung von #hashimotoisteinarschloch zu Eigen machen? Was passiert, wenn wir aus unserem Trotz heraus agieren? Wenn wir kämpfen? Etwas bekämpfen? Genau, wir sind gerade dann nicht selbstbestimmt, sondern getrieben von einem Gedanken. Wir sind nicht uneingeschränkt, sondern voll fokussiert auf einen Aspekt unseres Lebens, der uns nahezu ausschließlich mit Einschränkung konfrontiert. Wir sind nicht entspannt, denn wir sind im Kampfmodus und der ist verbunden mit Anspannung. Wenn wir also beschließen gegen Hashimoto den Kampf aufzunehmen, dann richten wir ganz automatisch unseren Fokus auf die Erkrankung, auf die Symptome, die Einschränkungen, die wir in unserem Leben spüren.
Und betrachten wir es doch noch ein bisschen tiefer: Im Endeffekt kämpfen wir nicht nur gegen Hashimoto, sondern wir führen einen Kampf gegen den eigenen Körper. Nämlich den Körper, der uns die Symptome beschert, der „Schuld“ ist, an der ganzen Sache, dessen Immunsystem aus der Balance ist. Aber, jede von uns hat nur diesen einen Körper für dieses Leben mitbekommen. Und wir werden mit ihm durch dieses Leben wandern. Ob wir es wollen oder nicht. Scheint es da sinnvoll Schimpfwörter zu benutzen oder in den Kampfmodus zu gehen?
Wir haben die Wahl.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Wahl haben. So wie wir beschließen können trotzig zu sein und zu kämpfen, können wir auch beschließen, das Paket Hashimoto anzunehmen. Es ist eine Frage der Haltung, die wir zu uns, unserem Körper und zu Hashimoto einnehmen, welche Eindrücke und Erlebnisse unser Leben für uns bereit hält. (Wenn du mehr zu diesem Thema wissen möchtest, dann schau gern in diesen Artikel rein!)
Für mich steht es fest. Ich wähle Selbstbestimmung, Entspannung, Freiheit, Leichtigkeit und Freude! Was ist es bei dir? Was willst du in deinem Leben spüren?
Deine Sabrina.
PS: Lass uns gern über diesen Artikel diskutieren! Ich freue mich drauf!
Ich bin Sabrina Besic, Coach* für (Neu)Orientierung & Selbstfürsorge.
Irgendwann habe ich durchschaut, dass mich mein
Leistungsdenken nicht voranbringt, geschweige denn
glücklich macht. Ich habe gelernt, mein Herz und meinen
Bauch zu integrieren. Über die Zeit habe mich intensiv mit meinen Lebensmotiven auseinandergesetzt.
Ich verbinde meine mehr als 10 Jahre Coachingkompetenz mit
meiner Leidenschaft für Themen rund um
Stressbewältigung, Selbstfürsorge und meinen eigenen
Erfahrungen, um dich bestmöglich zu unterstützen.
*systemischer Coach (anerkannt vom DBVC)
Reiss Motivation Profile Master
NESC-Coach
Hallo Sabrina,
ein superspannendes Thema – eine ähnliche Diskussion findet übrigens in der MS-Community statt, insbesondere in Bezug auf den Begriff #msfighter und verwandte Hashtags.
Bei so einer Autoimmunerkrankung ist es halt oft schwierig, die Krankheit vom Körper zu trennen. Ähnlich verhält es sich bei psychischen Geschichten – wo liegt die Grenze zwischen „so bin ich eigentlich“ und „dieses und jenes ist auf eine Krankheit zurückzuführen“? Es ist ja nichts Vorübergehendes oder etwas, das klar von außen kommt wie beispielsweise eine Infektion. Als ich mich letztes Jahr mit Covid angesteckt habe, habe ich auch ganz klar gesagt, dass Corona ein A*** ist. Bei der MS tue ich das nicht. Natürlich können äußere Faktoren als Auslöser auch bei chronischen Autoimmungeschichten eine Rolle spielen, aber ich hoffe, du weißt, was ich meine. 😉
Gerade, wenn man eh schon kein wer weiß wie großartiges Selbstbild hat und mit seinem Körper jahrelang im Clinch lag / liegt, macht so eine Krankheit es halt doppelt schwierig. Dann ist es viel einfacher, in bewährter Manier weiter gegen sich selber zu kämpfen anstatt für sich.
Kämpfen an sich finde ich nicht verkehrt. Aber es macht einen riesigen Unterschied, ob ich gegen etwas kämpfe oder für etwas. Und für sich selbst zu kämpfen, steht für mich nicht im Widerspruch zu mehr Lebendigkeit und Leichtigkeit. Auch wenn es nicht leicht ist… pun intended. 😉
Liebe Grüße
Anne
Hallo Anne,
wow, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar zu diesem Artikel! Ja, es gibt verschiedene Perspektiven auf das Thema und auch im Kampf steckt Lebendigkeit.
Inzwischen schaue ich da auch aus Sicht des Nervensystems drauf. Kampf ist immer eine Aktivierung, also eine Stressreaktion. Kurzfristig ist das gut, langfristig aber gerade bei Autoimmunerkrankungen kontraproduktiv. Es kommt wohl immer darauf an, mit welcher Haltung man diesen Kampf antritt.