Ich liebe meinen Job. Ich liebe es, Menschen zu begleiten, sie zu unterstützen auf ihrem persönlichen Weg der Entwicklung. Was mich daran fasziniert ist, dass wir alle unterschiedlich sind. Es gibt kein „one-size-fits-all“-Coaching, keine Schablone, die wir ansetzen können. Denn spätestens beim Ergebnis, bei den Erkenntnissen, die im Prozess entstehen, tun sich Unterschiede auf. Trotz dieser Unterschiede gibt es immer wieder Parallelen, die ich an so vielen Stellen beobachten kann: Menschen, die ihre Stärken und Potenziale nicht kennen. Menschen, die ihre eigenen Werte und den Sinn ihres Lebens nicht kennen. Menschen, die sich für ihre gemachten Fehler verurteilen. Menschen, die sich im permanenten Vergleich mit dem Außen befinden. Ich schließe mich da absolut mit ein. Auch ich bin nicht frei von diesen Themen. Dennoch glaube ich behaupten zu können, dass ich berufsbedingt an einigen Stellen ein Näschen entwickelt habe und merke, wenn ich mal wieder auf dem Weg bin, gegen eine Wand zu laufen. Genau diese Beobachtung, die ich über die letzten Jahre permanent mache, beeinflusst natürlich auch mein privates Leben. Darum gibt es heute einen Einblick, was mein Job mit der Wunschschule für meine Tochter zu tun hat.
Die ersten Zweifel stellen sich ein
Meine Zweifel an dem Plan, unsere Tochter einfach auf der Schule in unserem Einzugsgebiet anzumelden, haben sich an einem Elternabend in der Kita bemerkbar gemacht. Im Brückenjahr (das Vorschuljahr, das in der Kita stattfindet) dürfen sich die Kinder noch ausprobieren, eigenen Interessen folgen, eigene Projekte vorantreiben. Sie dürfen reifen, ihre Persönlichkeit entwickeln, lernen im eigenen Tempo.
Plötzlich fuhr es in mich, wie ein Blitz. Jetzt darf meine Tochter noch ein Jahr in diesem fruchtbaren Umfeld gedeihen und dann, ja dann kommt sie in die Schule und alles war für die Katz. Das scheint jetzt vielleicht banal, vielleicht auch als totale Überreaktion. Aber so habe ich es empfunden. So, als würde man jedes Kind nun nochmal aufblühen lassen und alles dafür tun, dass sie sich als Individuum entwickeln, um dann mit dem Rasenmäher über diese bunte Wiese zu fahren, alles gleich und einheitlich zu machen. Konform, passend. Wofür auch immer.
Mein Gefühl war sehr deutlich und mir war klar, dass ich mich endlich mit den Schulkonzepten auseinandersetzen muss (Das hatte ich bis dahin nämlich noch in keinster Weise getan). Der Verstand brauchte etwas als Ausgleich zu diesen starken Empfindungen. Also startete ich mit meiner Recherche.
Die Recherche für die Schulwahl beginnt
Immer wieder bin ich zwischen Pragmatismus und Fatalismus auf der einen Seite und Aktionismus und Idealismus auf der anderen Seite hin und her geschwankt. Die „normale“ Schule wäre sehr nah, gut erreichbar, der Schulweg allein machbar, hat ein umfangreiches Angebot an Aktivitäten und die Lehrerschaft wirkt sehr engagiert und zugewandt. Das kann doch nicht schlecht sein, oder etwa doch? Das ist so, wie ich es von früher kenne. Aber ist das wirklich zeitgemäß? Wird dort das vermittelt, was ich mir für meine Tochter wünsche? Was sie als Mensch braucht, um durch dieses (Arbeits-)Leben zu gehen, das auf sie wartet? Irgendetwas lag mir quer.
Wir haben uns hier die Köpfe heiß geredet. Abgewägt. Ich habe weitere Schulen in Augenschein genommen (so weit das unter C-Bedingungen eben möglich war). Überall das gleiche Bild. Mal mit Sportschwerpunkt, mal mit musikalischem, mal mit Bio-Essen, mal als Ganztageskonzept. Schon irre, wie sich die Schulen voneinander abgrenzen. Alle mit dem Ziel, das beste Lernumfeld für die Kinder zu bieten und das Vertrauen der Eltern zu bekommen. Aber mein Bauchgrummeln blieb. Es ließ sich immer mal vom Verstand stumm drehen, hat sich jedoch immer wieder zurückgemeldet.
Die Wunschschule gibt es doch
Das Grummeln verstummte, als ich auf eine Reformschule im etwas weiteren Umkreis gestoßen bin. Das Konzept war mir bis dahin völlig unbekannt, aber es hat direkt meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Und beim Lesen und tiefer Eintauchen hat sich direkt das Gefühl eingestellt: Da würde ich selbst gern hingehen.
Was mich an dem Konzept so begeistert? Hier die Big Points:
- Die Kinder werden individuell gefördert, was bedeutet, dass es auch kein Klassenziel gibt, das es zu erreichen gilt.
- Die intrinsische Freude am Lernen steht im Mittelpunkt, nicht die Belohnung durch gute Noten. Die Kinder lernen, wie sie am besten lernen, welche Strategien zu ihnen passen.
- Das Kind entscheidet, auf welche Themen es seinen Fokus legt und wann es was macht. Es lernt schon früh, sich eigene Ziele zu setzen.
- Es wird die meiste Zeit an Projekten gearbeitet. Fächerübergreifendes, vernetztes Lernen steht hier im Fokus. Das Wissen, das gebraucht wird, wird erarbeitet bzw. vermittelt, egal, ob es für diese Altersstufe im Lehrplan steht, oder eben noch nicht.
- Die Haltung der Lehrenden ist, dass Kinder durchaus wissen, wie sie sich Wissen aneignen und nicht befüllt werden müssen.
- Das Miteinander steht im Fokus. Die altersübergreifenden Gruppen (tatsächlich lernen die Kinder in gemischten Gruppen von der Vorschule bis zur 4. Klasse) lernen voneinander, die jüngeren schauen sich bei den Großen was ab und die Älteren lernen, ihr Wissen weiterzugeben und in die Verantwortung zu gehen.
- Es wird ein positives und unterstützendes Lernumfeld gestaltet. Keines, das Angst vermittelt.
Ich habe den Eindruck, dass dort genau die Themen aufgegriffen werden, die ich im Coaching und in Workshops so häufig beobachte. Auch an dieser Schule wird nicht alles goldig sein, aber ich empfinde es als eine Chance für Veränderung. Denn klar, können wir immer so weitermachen, wie es ist. Tatsache ist, dass sich unsere Welt verändert, sich das Schulsystem aber über lange Zeit sehr starr gehalten hat. Das Arbeitsleben, mit dem unsere Kinder konfrontiert sein werden, wird voraussichtlich nur noch rudimentär etwas mit unserer Realität zu haben.
Wir haben uns dazu entschieden, es zu versuchen. Wir haben unsere Tochter auf der Reformschule angemeldet und sind gespannt, welche Eindrücke auf uns warten werden. Und mit wir meine ich einstimmig meine Tochter, meinen Mann und mich. Denn an dieser Entscheidung waren wir alle beteiligt.
Und ich will nicht verheimlichen, dass ich noch immer innerlich zucke, wenn ich gefragt werde, für welche Schule wir uns entschieden haben. So ist das, wenn man Dinge anders macht, wenn man den Eindruck hat, nicht der Norm zu entsprechen. Doch ich bin davon überzeugt, dass es das wert ist.
Deine Sabrina
PS: Wir warten jeden Tag auf das Schreiben der Schulverwaltung, ob unser Wunsch tatsächlich Wirklichkeit wird. Vielleicht hast du einen Daumen über, den du drücken kannst?
PPS: Es hat geklappt! Ende Juni kam nun endlich die tolle Nachricht. Lange genug haben wir gewartet und die Daumen gedrückt.
Ich bin Sabrina Besic, Coach* für (Neu)Orientierung & Selbstfürsorge.
Irgendwann habe ich durchschaut, dass mich mein
Leistungsdenken nicht voranbringt, geschweige denn
glücklich macht. Ich habe gelernt, mein Herz und meinen
Bauch zu integrieren. Über die Zeit habe mich intensiv mit meinen Lebensmotiven auseinandergesetzt.
Ich verbinde meine mehr als 10 Jahre Coachingkompetenz mit
meiner Leidenschaft für Themen rund um
Stressbewältigung, Selbstfürsorge und meinen eigenen
Erfahrungen, um dich bestmöglich zu unterstützen.
*systemischer Coach (anerkannt vom DBVC)
Reiss Motivation Profile Master
NESC-Coach
Liebe Sabrina,
ich finds toll – und möchte dich ermutigen. Ich habe 3 Kinder und das Jüngste macht gerade Abitur. Allen 3 ist im Laufe der Schule die Lust am Lernen ausgetrieben worden. Vielleicht ist die Reformschule der bessere Weg. ich wünsche es euch.
Alles Liebe, Korina
Liebe Korina,
danke für deine Worte. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine eigene Schulzeit. Und ja, die Lust am Lernen ist mir zwischendurch auch echt vergangen.